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Mai 2016: Besuch einer Kreisdelegation im Powiat

Nachdem sich die Kreistage von Pszczyna (Polen) und Anhalt-Bitterfeld dafür aussprachen, miteinander zu kooperieren und sich zu einem lebendigen Austausch auf den Gebieten Kultur, Sport, Bildung, Jugend, Familie, Soziales, Infrastrukturentwicklung und Wirtschaft verpflichteten, sollte nun in einen engeren persönlichen Kontakt getreten werden. Anlass gab die feierliche Unterzeichnung der Partnerschaftsvereinbarung durch beide Landräte, Pawel Sadza und Uwe Schulze, unter Mitzeichnung der beiden Kreistagsvorsitzenden, Barbara Bandola und Veit Wolpert, die am 12. Mai 2016 in Psczcyna stattfand. Umrahmt wurde der Festakt von einem knapp zweitägigen umfangreichen Besuchsprogramm.

Auf Einladung von Herrn Landrat Sadza und in Begleitung des Kreistagsvorsitzenden, des Vorsitzenden des Kreistagsausschusses für Kultur und Tourismus, Ronald Mormann, sowie der Fraktionsvorsitzenden von CDU/FDP, Bernhard Northoff, sowie der Fraktion Die.Linke, Bettina Kutz, des Dezernenten für Sicherheit, Ordnung und Kommunales, Bernhard Böddeker, der Koordinatorin für Europa-Arbeit im Landkreis, Bianca Laukat, Unternehmer Thomas Vetter sowie Anja Krämer, Gleichstellungsbeauftragte und in Vertretung des pers. Referenten, begab sich Landrat Uwe Schulze auf Entdeckungsreise in der Partnerschaftsregion. Den Anfang machte ein gemeinsamer Spaziergang von Gastgebern und Gästen durch die Wisentzucht in Pszczyna, die sich seit 150 Jahren nach einem ersten Tausch von Zuchttieren zwischen dem Russischen Zaren Alexander II. und Johann Heinrich XI. von Hochberg, Herzog von Pless (Pszczyna) etabliert hat. Auge in Auge stand man den Tieren gegenüber und erfuhr im Infozentrum alles Wissenswerte über das Leben und die Zucht der derzeit 80 dort lebenden Wisente und der anderen Wildtiere. Der Vorsitzende der Agentur für Entwicklung und Förderung Pszczyna, Jacek Patyk und der Direktor der Wisentfarm, Gregorz Czembor, führten fachkundig über das 10 Hektar große Gelände. Dass die Landesgeschichte Pszczynas eng verbunden mit der deutschen, böhmischen und österreichischen Geschichte ist, darüber informierte Edelgarda Foltyn die kleine Reisegesellschaft im Schlossmuseum Pszczyna, das im übrigen zur Zeit unseres Aufenthaltes sein 70jähriges Bestehen mit einem umfangreichen Fest- und Vortragsprogramm beging. Daran beteiligt war u.a. Michael Schuster, Geschäftsführer der Köthen Kultur & Marketing GmbH, der über Geschichte und Zukunft des Köthener Schlosses am 13. Mai in Pszczyna berichtete. Das beide Fürstenhäuser im 18. und 19. Jh. miteinander verbunden waren, darüber wurde bereits mehrmals berichtet. Das äußerst eindrucksvolle, prächtige Schloss Pszczyna ist sehr gut erhalten, da es trotz kriegerischer Auseinandersetzungen von Bränden, Plünderungen oder Bombardierungen verschont blieb. Etwa 70 % der Ausstattungsgegenstände und des Mobiliars im Schloss ist im Original erhalten geblieben und vermittelt dem Besucher auf diese Weise einen sehr lebendigen Eindruck von der besonderen Atmosphäre dieser herrschaftlichen Residenz. Eine kleine Besonderheit: bereits zum Ende des 19. / Beginn des 20. Jahrhunderts war das Schloss Pszczyna eines der ersten, das seinem zeitweisen kaiserlichen Bewohner, Wilhelm II., die Annehmlichkeiten eines eigenen Telefonanschlusses bot.

Unter Teilnahme zahlreicher anwesender Gäste, darunter Vertreter der Kommunalparlamente, der Landkreisverwaltungen Pszczyna und Anhalt-Bitterfeld, Unternehmer*innen, Schüler*innen und Pressevertreter, unterzeichneten die Landräte Pawel Sadza und Uwe Schulze die Partnerschaftsvereinbarung. Barbara Bandola und Veit Wolpert, Kreistagsvorsitzender, bestätigten dies mit ihrer Unterschrift. Beide Landräte betonten die Absicht zur guten und engen Zusammenarbeit. Besonders in Zeiten, da zwischen den Mitgliedsstaaten der europäischen Union Auseinandersetzungen und gegensätzliche politische Ansichten zu dominieren scheinen, freuten sich die Kommunalpolitiker über die bereits bis zum jetzigen Zeitpunkt entstandene freundschaftliche Annäherung beider Landkreise. Zur Bekräftigung und symbolischen Untermauerung des Abkommens tauschten beide Seiten ihre Landkreiswimpel aus.

Das gemeinsame Besuchsprogramm setzte sich nach diesem offiziellen Teil fort: in Kapia´s Garten, einem in Familienhand befindlichen Pflanzenzuchtbetrieb, wurden die Gäste neben vorzüglichen schlesischen Köstlichkeiten mit einer außergewöhnlichen Gartenlandschaft überrascht. Die verschiedenen Abteilungen, u.a. Romantik-, Wald- und Bergregionen, zeigen u.a. englische und japanische Gärten, Heideland oder rauschendes Gras. Darüber hinaus gibt es einen Lehrpfad für Kinder und im Laufe des Jahres vielfältige periodische Veranstaltungen. Als vielfältig kann auch die Landschaft vor den Toren Pszczynas bezeichnet werden. Vor dem in der Ferne auftauchendem Höhenzug der Beskiden breitet sich ein riesiger Stausee aus. Der Stausee Goczalkowice ist der größte in Südpolen, ein riesiges Wasserreservoir, welches Trinkwasser für rund 3 Mio. Menschen der Region bereit hält. Er entstand zwischen 1950 und 1955 nach Aufstauung der Weichsel und dient gegenwärtig neben der Trinkwasserlieferung auch dem Hochwasserschutz und als Naherholungsgebiet. Ansässige Fischer berichteten dem Landrat und seinen Begleitenden über die ungewöhnliche Fülle des Sees an Flora und Fauna und über ihr Unternehmen.

Den ersten Besuchstag beendeten Gäste und Gastgeber mit einer Besichtigung des Freilichtmuseums (Skansen) „Gehöft des Dorfes von Pszczyna“ im östlichen Schlosspark. Dort kann man die wertvollsten Denkmäler der Holzvolksarchitektur aus den umliegenden Dörfern erleben. Hier werden auch Volkskulturfeste organisiert, an denen eine Vielzahl von Gesangs-, Musik- und Tanzgruppen der gesamten Region teilnehmen. Eine kleines Kostprobe dessen wurde den Gästen mit Musik und Tanz aus Schlesien geboten.

Am nächsten Tag stand zuerst der Besuch des Brandschutzamtes des Kreises auf dem Plan. Nach der Vorstellung des Amtes und der Struktur der Brandabwehr und des Katastrophenschutzes in Polen, im Land (Woiwodschaft) und im Kreis (Powiat) durch den stellv. Leiter Herrn Koloczek ließen sich die gastgebenden Feuerwehrleute des Amtes etwas besonderes einfallen: der für den Katastrophenschutz zuständige Dezernent Bernhard Böddeker und Bianca Laukat vom Wirtschaftsentwicklungs- und Tourismusamt, schlüpften in den Schutzanzug der polnischen Helfer und durften unter deren fachkundiger Anleitung einen (ausrangierten und vorbereiteten) Kleinwagen mit technischem Hilfsgerät zur Personenrettung auseinander nehmen. Die körperliche Anstrengung unter den Bedingungen „gehörige Kraftaufwendung“ und „Hitze in der Schutzkleidung“ war beiden anzusehen. Umso mehr gebührt allen Hilfskräften im Einsatz Respekt und Anerkennung. Der Blick über Pszczyna von der ausgefahrenen Feuerwehrleiter war eine willkommene Belohnung für die Strapatzen der deutschen Gäste.

Über die Bildungssysteme in Deutschland und Polen kam man beim Besuch des Kreisschulzentrums 1 / Berufsbildende Schule ins Gespräch. Im 1. von insgesamt 3 Kreisschulzentren werden vor allem die technischen Berufe z.B. Maschinenbauer oder Mechatroniker ausgebildet. Die Gäste erhielten beim Rundgang durch die Werkstätten Gelegenheit, den Auszubildenden über die Schulter zu schauen. Vorallem beim gemeinsamen Gespräch mit dem Leitung des Bildungsbereiches des Landkreises erhielt die deutsche Delegation viele Informationen über die Bildungswege polnischer Schüler*innen, deren Wahlmöglichkeiten hinsichtlich Spezialisierungen nach der Grundschule und ihren Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Hervorzuheben ist, dass die Arbeitslosenquote im Powiat Pszczyna mit 4,5 % außerordentlich niedrig liegt. Das entspricht rund 2.200 arbeitslosen Menschen, wovon rund die Hälfte jünger als 30 Jahre ist. Sicher auch ein Grund dafür, warum in Polen (wie auch in Deutschland) die jungen Menschen den Landkreis verlassen, um sich in größeren Städten wie z.B. Katowice anzusiedeln. Die Arbeitsbedingungen junger Menschen, die Chance auf Austausch im Bildungssektor, die Fachkräftegewinnung im ländlichen Raum und der Austausch von Auszubildenden zwischen Anhalt-Bitterfeld und Pszczyna werden die Themen der zukünftigen intensiveren Zusammenarbeit sein. Darüber herrschte auf beiden Seiten Einigkeit.

Das offizielle Besuchsprogramm endete mit einem Firmenbesuch von „Patentus“. Seit der Gründung 1992 hat sich der Betrieb mit Hauptsitz in Psczcyna auf 3 Standorte ausgedehnt und ist seit Start der Industrieproduktion 1994 namhafter Lieferant von Anlagen und Maschinen für den Bergbau und von Zahnrädern / Zahnradgetrieben. Daneben bietet er Instandsetzungsleistungen für Antriebe an, die im Bergbau eingesetzt werden, fertigt großformatige Stahlkonstruktionen und stellt Fördertransportsysteme für verschiedene Branchen her.

Auf Einladung Landrat Sadzas nahm die Anhalt-Bitterfelder Delegation am nachmittäglichen Festkonzert zum 70. Jubiläum des Schlossmuseums Psczcyna teil.

Bei der Verabschiedung am Abend des 13. Mai betonten beide Landräte nochmals den Willen zum Austausch und freuten sich auf die weitere Zusammenarbeit, die auf historischen Verbindungen der Städte Köthen und Pszczyna fußt und in der Gegenwart von gegenseitiger Zuneigung getragen wird. Als nächster Schritt wurde die Kontaktaufnahme zwischen einzelnen Fachämtern der Kreisverwaltungen vereinbart, um konkrete Ziele miteinander auszumachen. Besprochen und bearbeitet werden diese beim Besuch von polnischen Beschäftigten in Anhalt-Bitterfeld im Oktober 2016.
Der große Dank des Landrates und seiner Begleiter*innen galt dem überaus herzlichen und gastfreundlichen polnischen Landrat Pawel Sadza sowie seinen Vertretern und Beschäftigten!

 

Zum Bericht der polnischen Kollegen geht es hier!